“Arlo & Spot” (2015)

(erschienen zuerst auf myFanbase)
“Arlo und Spot” spielt in einem Land vor unserer Zeit – beziehungsweise in einer parallelen Zeit, in der die Dinosaurier nicht durch einen riesigen Meteoriten ausgerottet wurden, sondern verschont geblieben sind. Arlo ist das kleinste von drei Dinosaurierkindern und mit Abstand das tollpatschigste. Seine furchtbare Angst vor allem, was er nicht kennt (oder im Falle der Hühner, die er jeden Tag füttern muss, auch vor dem, was er kennt), hält ihn davon ab, die Welt um sich herum richtig wahrnehmen und erforschen zu können. Wie das Schicksal es will, wird er eines Tages ohne Vorwarnung auf sich allein gestellt und muss sich mit seinen Ängsten auseinandersetzen – eine große Hilfe hierbei ist Spot. Der kleine Menschenjunge hat seinerseits alles verloren und schließt sich Arlo nach einigen anfänglichen Reibereien auf seiner Suche nach dem richtigen Weg nach Hause an. Jetzt bleibt nur noch das Problem, dass keiner der Beiden so wirklich eine Ahnung hat, wo es langgehen soll…

Die Wartezeit ist endlich vorbei – Pixars Dinosaurierfilm läuft in den Kinos an! Leider schwingt etwas Enttäuschung mit. Nachdem man sich auf den Umstand eingestellt hat, dass die Dinosaurier in “Arlo & Spot” extremst vermenschlicht sind, irritiert es zumindest nicht mehr zu sehr, dass Arlos Eltern Farmer sind, die Mais anbauen, um auch im Winter genug Futter zu haben. Unter Arlo und seinen zwei Geschwistern Libby und Buck entbrennt ein Wettkampf darum, sich auf dem Familien-Mais-Speicher mit einem Fußabdruck verewigen zu können. Die ganze Geschichte des Films basiert auf Arlos Willen, sich auch verewigen zu dürfen und gibt dem Ganzen einen leicht bitteren Beigeschmack – dass sich Kinder bei ihren Eltern ihre Anerkennung praktisch erarbeiten müssen, passt irgendwie nicht zu Pixar.

Nachdem Arlo ganz nach Disney/Pixar-Tradition ein traumatisches Ereignis miterleben muss und alleine den Weg nach Hause nicht mehr findet, macht er sich auf die Suche nach dem großen Fluss und dem Reißzahngebirge – denn von dort aus weiß er den Weg. Auf dieser Suche trifft er auf Spot, welchen er berechtigterweise erst einmal für seine verzwickte Lage verantwortlich macht und ihm so natürlich gar nicht freundlich gestimmt ist. Mit der Zeit freunden sich die Beiden jedoch an und machen sich gemeinsam auf den Weg. Die Entwicklung dieser Freundschaft geschieht nicht von einem Moment auf den anderen, sondern entwickelt sich für einen Pixar-Film erstaunlich langsam, was dazu führt, dass sie nachvollziehbarer wirkt. Man beginnt die Charaktere ins Herz zu schließen, was von der eher schwach geschriebenen Handlung ablenkt.

Auf ihrer gemeinsamen Reise treffen die Beiden unter anderem auf einen ziemlich verängstigten Styracosaurus, welcher kleine Waldtiere auf seiner Kopfpanzerung leben lässt, damit diese ihn beschützen. Leider tritt dieser Dinosaurier nur extrem kurz auf – hier wäre es wünschenswert gewesen, die Geschichte um ihn noch auszubauen und ihn eventuell für kurze Zeit mit auf die Reise zu schicken. Ein bisschen mehr Zeit wird den T-Rex gegeben, die ihre Büffelherde wieder finden und in sichere Gebiete treiben müssen – hier hat es Pixar mit der Vermenschlichung der Dinos dann auf die Spitze getrieben; ein Teil der Handlung, die absolut unnötig war. Dennoch helfen die T-Rex Arlo und Spot dabei, sich vor den Flugsauriern in Sicherheit zu bringen, welche genau wie zum Beispiel in “ Jurassic World” als gemeingefährlich und hinterhältig daherkommen. Hier wurde zum Glück wieder auf eine etwas realistischere Porträtierung Wert gelegt und man kann die Dinosaurier zumindest halbwegs ernst nehmen.

Die Sache bei Pixar ist, dass die Handlung nicht alles ist. Und genau das rettet “Arlo & Spot”, denn die Animation ist ein wahrer Traum. Vom ersten Moment des Films an fällt auf, wie simpel und doch detailgetreu die Landschaft, in der “Arlo & Spot” spielt, animiert ist. Es ist alles recht monochrom gehalten, aber gerade dadurch scheint alles absolut echt, in 3D beeindruckt Pixar hier wirklich. Verschiedene Animationen des Wassers vom Fluss werden nur durch die extrem detaillierte Animation der Bäume und anderen Pflanzen getoppt, von Spiegelungen zu Schatten und diversen Blätterfarben schlägt hier das Herz des Pixar- und Animationsfans höher. Die langjährige Arbeit, die vom Studio in die Animation investiert wurde, wird nochmals besonders deutlich bei den einzelnen Figuren, die mit sehr viel Liebe gestaltet wurden. Die tollpatschige Art von Arlo wird nicht nur in seinem Gang widergespiegelt, sondern auch in seiner Mimik; genauso bei Spot, bei dem eine Variation an Emotionen dargestellt wird, durch die er lebendig und echt erscheint.

Der Umstand, dass es 2015 zwei Pixar-Filme gab (der erste war “Alles Steht Kopf“), ist in “Arlo & Spot” leider durchaus am Drehbuch zu spüren. Was auffällt, ist vor allem die teilweise sehr offensichtliche Moral, die nicht nur durch die Geschichte gepredigt wird, sondern vielfach von den Charakteren wieder aufgegriffen und dem Zuschauer geradewegs auf dem Tablett präsentiert wird. Gleiches gilt für vorprogrammierte Lacher, die jedoch hauptsächlich etwas älteren Kindern und Erwachsenen auffallen dürften.

“Arlo & Spot” hat einige Schwächen in der Handlung, allerdings werden diese durch die fantastische Animation fast komplett wett gemacht und das gewohnt schöne ‘Pixar-Gefühl’ entsteht trotzdem. Ein Film zur soliden Unterhaltung am Sonntagnachmittag, und für Animationsfans definitiv eine Augenweide.

 

Peter Sohn: “Arlo&Spot” (en. “The Good Dinosaur”)
US: 26.11.2015; DE: 25.11.2015
100 Minuten

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