“Ataris Reise” (2018)

Als bekannt wurde, dass der Eröffnungsfilm der Berlinale 2018 Wes Andersons “Ataris Reise” sein wird, kannte die Freude keine Grenzen. Es war schnell klar, dass es schwierig werden würde, Tickets für den lang ersehnten Film zu bekommen, aber einen Versuch war es wert. Ich verließ mich auf mein glückliches Händchen, wenn es darum geht heißbegehrte Tickets zu ergattern (“Coriolanus” mit Tom Hiddleston und “Hamilton” in London sind meine Meisterwerke) – und man siehe da: die Götter waren mir freundlich gestimmt.

16.02., 10:30h, Friedrichstadtpalast.

©Fox Searchlight
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Ich weiß nicht mehr, was ich nach dem ersten Trailer für ein Gefühl hatte, ich weiß nur noch, dass die Wartezeit bis “Ataris Reise” im Mai 2018 ins Kino kommen sollte unendlich lang schien. “Grand Budapest Hotel” und auch “Der fantastische Mr. Fox” habe ich mittlerweile so unheimlich oft geschaut, dass obwohl ich die Filme abgöttisch liebe, Zeit für ein bisschen neues Material war. “Ataris Reise” ist anders, aber gut anders, soviel sei schon einmal verraten.

Gleich zu Beginn des Films wird klar, dass hier mit einem unheimlich speziellen, aber sehr pointierten Humor gearbeitet wurde. In einer Art Rückblende wird die Legende des Hauses Kobayashi erzählt. Diese Herrscherfamilie liebt Katzen und sieht Hunde als das ultimative Böse an. Mit mehr oder weniger fadenscheinigen Begründungen verbannt Bürgermeister Kobayashi in einem dystopischen Japan der Zukunft alle noch verbliebenen Hunde auf eine Insel vor der Küste, auf der sonst ausschließlich der Müll der Stadt abgeladen wird.

Heimgesucht von Schnauzenfieber und allen möglichen anderen Krankheiten, die die Hunde nicht immer selbstverschuldet erwischt haben, scheint das Leben auf der Müllinsel trostlos und kurz zu werden. Mit künstlerisch wirklich beeindruckernder Stop-Motion-Technik erweckt Wes Anderson die Hunde und ihre Umgebung zum leben. Jeder der Hunde scheint in “Ataris Reise” einen anderen Charakter verinnerlicht zu haben und handelt dementsprechend. Neben den meisten Hunden, welche als Haustiere gehalten wurden, findet sich auch Chief auf Trash Island wieder – er ist ein Streuner und sticht nicht zuletzt durch seine Fähigkeit alles (wirklich alles!) zu essen was er findet aus der Masse hervor.

Als der Adoptivsohn vom Bürgermeister, Atari Kobayashi, auf der Müllinsel mehr oder weniger absichtlich abstürzt, nimmt Wes Anderson den Zuschauer mit in eine andere Welt. Atari sucht Spots, den Hund der jahrelang auf ihn aufgepasst hat, aber im Zuge der Maßnahmen des Bürgermeisters als allererster Hund auf die Insel verbannt wurde. Für Atari war Spots jedoch nicht einfach nur sein Schutzhund, sondern ein Freund. An dieser Stelle im Film wird abermals klar, dass auf der Müllinsel nicht nur kranke, und streunende Hunde gelandet sind, sondern auch massenweise ebenjene Hunde, die zuvor ein tolles Leben zusammen mit Menschen hatten. Zusammen mit Chiefs Hundefreunden Rex, Boss, Duke und King macht sich Atari auf die Suche nach seinem besten Freund.

Auch wenn Trash Island über die Jahre hinweg immer wieder Hunde aufgenommen hat, sind diese verbannten Geschöpfe nicht die einzigen Bewohner der Insel. Wes Anderson hätte Ataris Reise und Suche nach Spots auf vielerlei Art und Weise gestalten können – das große Unbekannte auf der Insel hätte gefährlich und dunkel sein können. “Ataris Reise” hingegen wandelt sich zu einer Suche nach dem eigenen Charakter. Toleranz und Vielfältigkeit prägt die Reise des Atari, immer wieder in direkter Konfrontation mit dem verlängerten Arm von Kobayashi. Dieser ist in seiner Stadt im Zuge seiner Pläne, die Hunde der Stadt komplett zu eliminieren, auch nicht vor Gewalttaten zurückgeschreckt und will mit aller Kraft verhindern, dass jemals wieder Hunde woanders leben dürfen als auf der Müllinsel.

Mit fein ausgearbeiteter Stop-Motion-Technik und einer zwar ruhig, aber dennoch emotional erzählten Geschichte, meldet sich Wes Anderson mit seinem zweiten Animationsfilm zurück. Auf wundervolle Art und Weise arbeitet er seinen sehr speziellen, aber exzellent passenden Humor in die Geschichte Ataris ein und kreiert so einen rundum gelungenen Film.

 

©Fox Searchlight
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Wes Anderson: “Ataris Reise” (en. “Isle of Dogs”)
US: 23.03.2018; DE: 10.05.2018
101 Minuten

 

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